Sind Veganer die besseren Menschen?

Vegetarier? Schön und gut! Wer sich statt einem 220g Rindfleischburger mit extra Speck die Veggie-Variante mit Gemüseleibchen bestellt, wird längst nicht mehr schief angeguckt. Wer aber ein veganes Rührei frühstückt, galt bis vor kurzem noch als Hardcore-Ökofreak. Doch die vegane Lebensweise, bei der auf sämtliche tierische Produkte verzichtet wird, gewinnt immer mehr an Akzeptanz und Beliebtheit. Grund genug für uns, um mit Patrick Bolk – einem überzeugten Veganer – über sein Essen, seine Kleidung und seine Lebensphilosophie zu sprechen.

Vegan zu leben, bedeutet nicht, auf schmackhafte Lebensmittel zu verzichten, sondern Neues kennenzulernen.

Vegan zu leben, bedeutet nicht, auf schmackhafte Lebensmittel zu verzichten, sondern Neues (wie diesen veganen Burger mit Spinat) kennenzulernen.

Veganismus – ethisch korrekt, aber auch lebenswert?

Kaum eine Woche vergeht, in der man in den Medien nicht von einem kleineren oder größeren Skandal in der Lebensmittelproduktion lesen kann. Von der alles andere als ökologischen Bodennutzung bis hin zu grausamer Massentierhaltung und der erbärmlicher Art und Weise, wie Nutztiere ihr Ende finden, wird regelmäßig berichtet. Für den 40-jährigen Patrick Bolk, der als Diplom-Pädagoge in Berlin arbeitet und die Seite Deutschlandistvegan.de redaktionell betreut, war die Beschäftigung mit dem Thema Ernährung ausschlaggebend für den Lebenswandel zum Veganismus.

Stylonic: Patrick, wärst du bitte so nett, allen Allesessern sowie Lederschuh- und Taschenträgern zu erklären, was es bedeutet, vegan zu leben bzw. zu essen?

Vegan essen und leben bedeutet, keinerlei tierische Produkte zu konsumieren. Kein Fleisch, keine Milchprodukte, keine Eier, keinen Honig, keine Nebenprodukte wie Gelatine in Gummibärchen und vieles mehr. Es heißt aber auch, bei Kleidung, Kosmetik und anderen Lebensbereichen auf tierische Produkte zu verzichten.

Stylonic: Wie, warum und wann bist du Veganer geworden?

Ich habe mich vor knapp drei Jahren dazu entschieden, komplett vegan zu leben, und das aus mehreren Gründen. In erster Linie möchte ich nicht, dass andere Lebewesen für mich ausgenutzt oder getötet werden. Beim Thema Fleischkonsum war das sehr offensichtlich, aber ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht, was der Konsum von Milch sowie der Verzehr von Eiern für die Tiere, die sie uns liefern müssen, bedeutet. Nachdem ich mich damit beschäftigt hatte, war mir klar, dass ich das nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren konnte. Hinzukommen ökologische Gründe: Der weltweite Fleischkonsum führt zur Zerstörung von Lebensräumen und Ökosystemen und belastet unser Klima stärker als der gesamte Verkehr weltweit. Auch gesundheitliche Gründe waren für mich nicht unwichtig: Mit einer ausgewogenen veganen Ernährung geht es mir einfach deutlich besser, ich habe Übergewicht verloren, fühle mich fit und verringere das Risiko, an einer von zahlreichen Zivilisationskrankheiten zu erkranken, die sehr häufig auf übermäßigen Verzehr von tierischen Produkten zurückzuführen sind. Es geht mir damit einfach verdammt gut und dasselbe höre ich von allen Menschen, die sich ebenfalls für eine vegane Lebensweise entschieden haben.

Patrick Bolk

Durch sein Konsumverhalten, also den Verzicht auf tierische Produkte, wehrt sich Patrick Bolk gegen den schlechten Umgang mit Tieren.

Stylonic: Beim veganen Lebensstil geht es aber nicht nur um die Ernährung, Leder und andere tierische Produkte sind auch Tabu. Wie sieht es mit Wolle aus?

Millionen Tiere werden für die Ledergewinnung gezüchtet und getötet, für Pelz genauso, und das unter grausamen Bedingungen. Bei Wolle sieht es leider nicht viel besser aus, zum Beispiel bei Merino-Schafen. Die werden so gezüchtet, dass sie besonders viele Hautfalten haben, damit sie mehr Wolle liefern. Um der Gefahr zu entgehen, dass sich Fliegen oder Larven in diesen Hautfalten festsetzen, werden sie häufig bei vollem Bewusstsein verstümmelt, denn ihnen werden große Fleischstücke am Hinterteil und Schwanz weggeschnitten, um die Haut zu glätten. Das Ganze nennt man „Mulesing“. Wer sich Internetvideos dazu anschaut, wird geschockt sein.

Ein Leben zwischen neuen Lebensmitteln und alten Kleidern

Stylonic: Welche Ersatzprodukte verwendest du?

Die Vielfalt ist riesig und man sollte das gar nicht auf Ersatzprodukte beschränken. Natürlich gibt es sogenannte Fake-Produkte, die Fleisch oder Fisch nachahmen. Die meisten fangen aber an, ganz neue Gemüse- oder Getreidesorten zu entdecken, und kochen ganz anders. Bei mir hat die vegane Ernährung den Spaß am Kochen erst geweckt und ich freue mich jedes Mal darauf, die Obst- und Gemüseabteilung im Bioladen anzusteuern. Ich esse zwar einige tierische Produkte nicht mehr, dafür habe ich viel mehr neue pflanzliche entdeckt, auf die ich nicht mehr verzichten möchte. Veganismus hat für mich nichts mit Verzicht zu tun, sondern ist eine Bereicherung in jeder Hinsicht.

Bei Kleidung gibt es ebenfalls jede Menge alternative Stoffe, aus denen genauso tolle Kleidung gemacht werden kann: Baumwolle, Hanf, Bambus, Tencel, Polyester, Nylon, Kunstwolle, Kunstleder und viele andere. Immer mehr Modelabels bieten ausschließlich vegane Kleidung an. Mir sind die Aspekte „Bio-Stoffe“ und faire Herstellung dazu noch äußerst wichtig.

Stylonic: Wie ist es mit Kleidung, die man gekauft hat, bevor man zum Veganismus gewechselt hat? Wird die weggeschmissen, anderweitig entsorgt oder trägt man sie doch noch, bis sie den Geist aufgibt?

Das handhabt jeder anders − ich persönlich trage die Sachen auf, weil dadurch kein Tier wieder zum Leben erweckt wird, wenn ich meine Lederschuhe wegwerfe  nachhaltig ist das auch nicht. Ich trage manche Dinge aber wirklich nicht mehr gerne und gekauft wird nur noch tierfreie Kleidung.

Stylonic: Warum sollte man euer Buch Ab heute vegan auch als Nicht-Veganer unbedingt lesen?

Man braucht ja nicht gleich Veganer werden, aber das Buch dürfte vielen einen wertvollen Anstoß geben, über den eigenen Konsum und die damit verbundenen Konsequenzen nachzudenken. Ich bin froh, dass ich das irgendwann getan habe. Und damals hätte ich gerne so ein Buch zur Unterstützung gehabt. „Ab heute vegan“ informiert nämlich nicht nur darüber, warum es Sinn macht, auf tierische Produkte zu verzichten, sondern vor allem darüber, wie toll die Alternative ist.

Stylonic: Hast du Tipps für alle, die vegane Kleidung kaufen wollen?

Schaut genau hin, denn oftmals ist nicht gleich zu erkennen, ob Tierisches in den Klamotten steckt. Achtet auf Logos, die für vegane Kleidung stehen, und informiert euch auf Infoseiten wie www.deutschlandistvegan.de über vegane Labels. Ihr werdet schnell sehen, dass es eine Menge gut aussehender veganer Klamotten gibt.

Vielen herzlichen Dank für das Interview.

Bild1 : Elena Veselova / Shutterstock.com ; Bild 2: © Patrick Bolk