Essen ist Nahrung, auch für die Seele. Im Fernsehen begegnet uns das immer wieder als szenisches Bild: Eiscreme bei Liebeskummer, ein Heißgetränk bei Traurigkeit oder Chips gegen Frust. Mood Food nennt das die Wissenschaft und fragt sich, ob es dafür körperliche oder psychologische Gründe gibt. Ähnlich funktionieren wohl gesundheitsfördernde Lebensmittel. Functional Food hält in Studien nicht, was es verspricht. Trotzdem glauben wir Konsumenten daran. Verarschen wir uns selber?
Essen für das Gemüt
Schokolade ist das bekannteste Mood Food und soll aufgrund des enthaltenen Serotonins glücklich machen. Forscher halten zwar dagegen, dass Schokolade gar nicht genug vom stimmungsaufhellenden Stoff enthalte und Walnüsse oder Bananen viel mehr davon besäßen, doch den Konsumenten juckt das nicht. Zu tief sitzt das Bild in uns verankert, dass bei schlechten Nachrichten, Liebeskummer oder schlechter Laune Schokolade helfen könnte. Die Wissenschaft ist sich indes ebenfalls vollkommen uneinig, wie das sogenannte Mood Food wirkt. Tatsächlich lässt sich beobachten, dass manche Lebensmittel sich positiv auf unser Gemüt auswirken.
Zwei Lager gibt es: Die einen sagen, dass Nahrungsmittel und deren Inhaltsstoffe sich physiologisch auf den Menschen auswirken können. Im FAZ-Interview rät die Münchner Wissenschaftlerin Andrea Flemmer etwa zu Pasta mit Parmesan, Datteln oder der guten alten Honigmilch, um glücklich zu sein. Enthalten sind hier nämlich Tryptophan und komplexe Kohlenhydrate. Das soll wirken. Doch das andere Lager verwirft die Idee, körperliche Auswirkungen durch Nahrung sei auf die Inhaltsstoffe zurück zuführen. Für sie steht fest, dass wir konditioniert wurden, bestimmte Nahrungsmittel mit positiven Gefühlen zu verbinden. (Quelle)
Die Ess-Situation ist entscheidend
Kaviar und Schoko-Soufflé unter einer Autobahnbrücke genießen oder Champagner aus dem Pappbecher trinken führe sicherlich nicht zu Glücksgefühlen. Viel entscheidender, so die Forscher, sei die Situation, in der wir das Mood Food essen. Schöne Feste, eine gesellige Runde mit Freunden oder auch haptisch ansprechendes Gedeck sind wesentliche Faktoren dafür, ob uns Essen glücklich macht. Andersherum kennen wir auch Lebensmitteln, bei denen der bloße Gedanke an sie Übelkeit bei uns bewirkt. Auch hier sind negative Erinnerungen oft die Ursache. Unser Hirn lernt mit der Zeit Essen mit bestimmten Gefühlslagen zu verbinden.
Mit Essen etwas Gutes tun
Ähnlich lässt sich wahrscheinlich auch die Zunahme von sogenanntem Functional Food erklären. Orangensaft gegen Erkältung oder Joghurt für einen gesunden Darm, so in etwa werden uns Lebensmittel heute von der Industrie angepriesen. Nicht nur, dass uns die Produkte satt machen, sondern auch gesund sollen sie uns machen. Manche Produkte werden zusätzlich mit „gesunden Zusätzen“ versehen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. In Deutschland sind etwa 1400 Produkte registriert, die mehr als nur Sättigungsgefühl versprechen. Wir geben für sie im Jahr etwa 860 Millionen Euro aus.
Der Witz daran: Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit können etwa 80 Prozent dieser Produkte gar nicht halten, was sie vorab versprechen. Oft dürfen sie sogar keinerlei Wirkung haben, da vor allem sogenannte Nahrungsergänzungsmittel unter strenge Vorschriften fallen. Auch wissenschaftliche Studien sind meist nicht ausreichend vorhanden, als dass eine Wirksamkeit belegt werden könnte. Functional Food wird von Ernährungswissenschaftler deshalb kritisch beurteilt. Gesunde Ernährung sehe anders aus. Doch unsere Seele lässt sich hier gerne austricksen. Der sogenannte Placebo-Effekt spielt bei den funktionellen Lebensmitteln sicherlich ebenfalls eine entscheidende Rolle. Wir verarschen uns also selbst.
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