Die Hochzeit soll der schönste Tag des Lebens werden. Das ist ein frommer Wunsch, der aber auch mit enorm viel Druck verbunden ist. Über den Stress des Brautpaares und darüber, dass Hochzeiten immer mehr Eventcharakter annehmen, haben wir im Interview mit Profi-Hochzeitsfotografin Hilke Opelt gesprochen. Außerdem haben wir sie gefragt, wieso ihre Bilder so lebendig und natürlich aussehen und was sie von Gästen hält, die ständig mit Digicam und Smartphones um das Brautpaar herumschwirren.
Die Hochzeit als Event des Jahres
Liebe Hilke, hat sich, seitdem du im Geschäft bist, in puncto Hochzeiten viel verändert?
Der Hochzeitstag wird lang herbei gesehnt, die Planung verläuft akribisch, alles soll perfekt sein. Das bedeutet für das Brautpaar enorm viel Stress. Viele Paare überfordern sich total. Oft habe ich auch das Gefühl, dass die Gäste von diesem besonderen Tag mehr haben als das Brautpaar selbst. Das hängt meiner Meinung nach vor allem damit zusammen, dass eine Hochzeit heute ein großes EVENT ist. Der eigentliche Grund für die Hochzeit, nämlich dass sich zwei Menschen lieben und das mit Familie und Freunden feiern wollen, geht verloren. Diese Entwicklung beobachte ich seit einiger Zeit. Das macht mich manchmal traurig.
Nicht die mühevolle Planung, sondern die freudigen Augenblicke bei der Hochzeit sollen mit Fotos festgehalten werden. Doch statt natürlicher Heiterkeit dominieren auf manchen Hochzeitsfotos Brautpaare, die verkrampft in die Kamera lächeln. Auf deinen Fotos, die man auf deiner Homepage hilkeopelt.de bestaunen kann, ist das anders. Alles wirkt harmonisch und die Menschen strahlen. Wie kommt dieser Unterschied zustande?
Ich nehme mir im Vorfeld viel Zeit für meine Brautpaare. Wir lernen uns kennen, manchmal dauern diese Gespräche 3 bis 5 Stunden. Das kostet das Brautpaar nichts, aber für meine Arbeit ist das „Gold“ wert. Als Profi bin ich für das technische Knowhow verantwortlich, aber viel wichtiger ist doch der Fun-Faktor. Es ist ein sehr emotionaler Tag für das Brautpaar und das will ich festhalten. Deshalb sollen meine Paare einfach das tun, wonach es ihnen ist, was sie fühlen. Ohne dass ich große Regieanweisungen gebe. Die Stimmung zwischen meinen Kunden und mir ist mein Rezept für gute, emotionale und authentische Fotos. Ich habe selbst nach so vielen Jahren Erfahrung immer noch Lampenfieber vor jeder Hochzeit, Gänsehaut in der Kirche und manchmal sogar Tränen der Rührung in den Augen. Wenn ich das nicht mehr spüre, höre ich auf, dann bin ich nicht mehr gut.
Über Konkurrenzdruck und Preisverhandlungen
Fotographen sind für Hochzeiten zwar gefragt, doch das Geschäft ist hart und die Konkurrenz schläft nicht. Wie grenzt du dich von den anderen ab? Was ist dein Alleinstellungsmerkmal?
Die Wertschätzung für uns Berufsfotografen ist gering, die Bilderflut im Alltag dafür inflationär. Viele wissen gar nicht mehr, was ein gutes Bild ausmacht. Die meisten Bilder sind bunt, sofort präsent und das Motiv ist schön in der Mitte, wozu braucht man da noch einen goldenen Bildschnitt?
Mein Alleinstellungsmerkmal ist die Summe mehrerer Dinge. Im Wesentlichen aber ich als Person, meine Natürlichkeit, eine fundierte Ausbildung, viel Berufs- und Lebenserfahrung und dass meine Bilder authentisch sind. Die Menschen fühlen sich bei mir wohl und sind bereit sich zu öffnen, sie vertrauen mir.
Schöne Hochzeiten kosten bekanntlich eine Stange Geld und viele Brautpaare wollen den Preis drücken so gut es geht. Wie reagierst du, wenn es zu solchen Preisverhandlungen kommt?
Das stimmt. Heute kostet eine Hochzeit schnell 25.000 bis 30.000 Euro. Die Paare wollen ihre Gäste beeindrucken, es wird viel Wert auf die Location, Outfit, teuren Blumenschmuck etc. gelegt. Die Fotos sind oft das Einzige, was von diesem Tag übrig bleibt. Aber genau da wollen viele sparen. Warum, weiß ich nicht.
Was mich angeht, so habe ich eine Preisliste, die für alle gleich ist. Auch wenn ich Promis vor der Kamera habe. Auch die Bildbearbeitung ist Arbeitszeit und nicht nur das Fotografieren, was für die Kunden direkt sichtbar ist. Meine Preise sind nicht verhandelbar, weil sie angemessen sind. Jeder Kunde bekommt ein transparentes, nachvollziehbares Angebot von mir und es kommen keine Folgekosten auf das Paar zu.
Stimmungsvolle Bilder vs. nervige Hobbyfotografen
Nochmals zu den Fotos an sich: Was ist nötig, um die Liebe, die den Hochzeitstag so magisch werden lässt und die Freude der Gäste und Angehörigen, einzufangen und stimmungsvolle Bilder zu schießen?
Hochzeiten sind emotionale Feste, die vom Fotografen sehr viel Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis verlangen. Es geht darum, dezent, unaufdringlich und doch präsent zu sein, eben im richtigen Moment, am richtigen Platz. Ich finde es wichtig, dass man sich in die Hochzeitsgesellschaft einfügt, auch mal akzeptiert, dass es Menschen gibt, die nicht fotografiert werden wollen.
Bei Hochzeiten sind manchmal auch Hobbyfotographen anwesend, die schon mal aufdringlich werden können. Statt während der Trauung ruhig auf ihren Plätzen zu sitzen, schwirren sie mit ihren Smartphones und Digicams wie Insekten um das Brautpaar herum. Stört dich das?
Ja und nein. Ich hatte schon ein paar Erlebnisse mit Gästen, die für mich unfassbar waren. Das ging soweit, dass sich mal einer während der Trauung nach vorn zum Altar bewegte und sich zwischen den Pfarrer und mich stellte und mir dann noch den Ellenbogen in die Seite rammte. Oder eine Frau, die sich während der Trauungszeremonie in der Kirche mir gegenüber aufstellte und mir ins Bild geblitzt hatte. Das war eine ganz heikle Situation.
Inzwischen habe ich meine Verträge so weit verändert, dass ich während der Zeremonie das Exklusivrecht habe. Außerdem finde ich, sollten die Gäste während der Trauung einfach mal zuhören, in sich gehen…das ist doch keine Medienveranstaltung!
Ansonsten stört es mich nicht, dass mit fotografiert wird, solange ich nicht behindert werde.
Oft kommt es auch vor, dass mich Gäste, meistens Männer, nach Pixel, Bit, Farbräumen, RAW oder jpeg etc. fragen. Die verstehen einfach nicht, dass die Technik zweitrangig ist, sondern das Gefühl für Menschen und Situationen das Wesentliche ist, um ein gutes Bild zu machen.
Vielen Dank für das Interview und die beeindruckenden Fotos.
Bilder © Hilke Opelt
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