Kampf der Giganten: Selfie vs. klassisches Portraitfoto

Momentan sind Selfies, also selbstgemachte Portraitaufnahmen, ja besonders angesagt. Obama macht mal schnell eines auf dem Begräbnis von Nelson Mandela (ja, wir sind immer noch geschockt von so viel Taktlosigkeit!), auf jedem zweiten Facebook-Profilbild ist ein Smartphone mit drauf und zu allem Überfluss wurde ‚Selfie‘ auch noch zum (britischen) Wort des Jahres 2013 gekürt. Was aber tun, wenn man tatsächlich mal ein Portraitfoto braucht, für das man sich nicht schämen muss? Darüber hat uns Profifotograf Thomas Braun aufgeklärt.

Thomas Braum

Profifotograf Thomas Braun im Interview über die Kunst der Portraitfotografie.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Ja, es gibt sie tatsächlich noch, die Anlässe im Leben, wo man mehr braucht als ein mittelprächtig gelungenes Selfie. Am Bewerbungsschreiben ist ein schönes Portraitfoto immer noch essentiell, weil es einen größeren Emotionsgehalt aufweist als der Text. „Man wird nicht alleine wegen des Fotos eingestellt, aber man kann wegen des Fotos nicht eingestellt werden.“, resümiert ein Artikel von Focus.de. Doch ist es für einen Laien überhaupt möglich, ein schönes Portraitfoto zu schießen? Der Profifotograf Thomas Braun von studio-papillon.de hat drauf eine eindeutige Antwort: JA!

Schwarz-weiß-Portrait von einer jungen Dame

Natürlich, souverän, schön. Ein Portraitfoto ist dann gelungen, wenn die Auftraggeberin / der Auftraggeber  zufrieden ist.

Schöne Portraitfotos – ein Ding der Unmöglichkeit?

Wer nicht gerade als Model tätig ist, empfindet bei Portraitaufnahmen oft eine gewisse Scheu vor der Kamera. Das Ergebnis sind Fotos, auf denen man belämmert aussieht. Statt Gewinner-Lächeln und ehrgeizigem Blick sind dann ein schiefes Grinsen und halb geschlossene Augen auf den Bildern zu sehen. Mit welchen Tricks verleihen Sie Ihren Portraitfotos die Lebendigkeit und die Ausstrahlung, die man auf Ihren Fotos immer wieder bewundern kann?

Ich arbeite nicht mit Tricks. Ich versuche, so schnell wie möglich eine behagliche Atmosphäre zu schaffen, in der sich das Model wohlfühlt und bereit ist, aus sich herauszugehen. Das ist zugleich auch die größte Herausforderung bei der Portraitfotografie. Insbesondere bei Aktportraits, wie ich sie vielfach für mein Projekt Nude-Art-Models mache, ist das das Allerwichtigste. Meist sind es Neulinge, die zum ersten Mal vor der Kamera stehen und das dann auch noch ohne Kleidung. Freundliche Sachlichkeit ist dabei immer noch das beste Rezept. Ich lasse erst gar keine „komische“ Stimmung aufkommen und gebe meine Aufmerksamkeit zu 100 Prozent dem Model.

Haben Sie Tipps, wie ein Portraitfoto gelingt?
Aus der Sicht des Fotografen kann ich nur raten: Konzentriert euch auf das Wesentliche! Kommuniziert mit der Person vor der Kamera. Lenkt sie ab und lasst ihr Raum und Zeit sich zu entfalten. Beschäftigt euch zu 99 Prozent mit dem Model und nur zu 1 Prozent mit der Technik. Und dann einfach nur im richtigen Moment abdrücken.

aufgefallenes Portrait

Wer glaubt, dass Portraitfotos langweilig sind, hat das wohl noch nicht gesehen.

Der Fotograf, die Kamera und ich

Dass Portraitfotos gelingen, wenn sie von einem Profifotografen geschossen werden, beweisen Ihre Bilder. Allerdings schreckt das Wort „Profi“ vor der Berufsbezeichnung manchmal ab, Shootings beim ausgebildeten Experten zu machen, denn viele glauben, dass sie sich das gar nicht leisten könnten. Deshalb nun die konkrete Frage: Was kostet ein professionelles Portrait-Shooting bei Ihnen?

Das hängt ganz davon ab, was gewünscht wird. Ab 95 Euro im Studio. Kein Aufpreis für Akt und Erotik. Ich habe nie verstanden, warum dies bei manchen Kollegen teurer ist.

Welche Leistungen sind im Preis enthalten?
Das Shooting selbst, beliebige Outfit- oder Stylingwechsel und alle entstandenen Bilder des Shootings unbearbeitet als Datei.

Wie viele Fotos knipsen Sie in einer Session?
Das ist unterschiedlich. Meist zwischen 500 und 1000.

Das Beste zum Schluss

Nun ist es aber zweifelsfrei so, dass sich nicht alle Models, die Sie im Laufe Ihrer Karriere schon vor der Linse hatten, immer meisterlich angestellt haben. Können Sie ein paar lustige Anekdoten aus ihrem Berufsleben erzählen?

Ich bin nicht gut im Anekdotenerzählen und mir liegt nichts ferner, als mich über meine Models lustig zu machen. Spaßig wird es meist dann, wenn Models keine Wahl haben und ihren Hund mit ins Studio bringen. Insbesondere der American Bulldog meines Models Merrylin schafft es immer wieder, sich ungefragt ins Rampenlicht und somit ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu bringen. Zumindest so lange bis er vom Model des Feldes verwiesen wird.

 

Vielen Dank für das Interview und die Bilder.

Bilder © Thomas Braun