Schon das Wort alleine ist zäh wie ein alter Kaugummi: Lang.Zeit.Beziehung. Ausgekaut und geschmacklos klingt das, aber trotzdem sehnen wir uns nach eben dieser Liebesbeziehung. Sie ist quasi das Ziel aller Ziele. Der solide Grundstein auf dem Weg zur Familiengründung. Doch wie soll das funktionieren ohne Liebesakt? Scheint so, als müsste hier dringend etwas klargestellt werden.
Frisch Verliebte – Hormone erhöhen die Lust
Das Gefühl von Leichtigkeit und Glück, das Verliebtsein bei uns auslöst, ist schlicht wunderschön. Hormone setzen uns die rosarote Brille auf und fördern die Lust. Alles ist supertoll und der Partner ist sowieso das Nonplusultra. In dieser perfekten Welt gibt es keinen schlechten Liebesakt. Selbst Dinge, die man nicht mag, lässt man meist trotzdem geschehen. In der ultraverliebten Phase wird viel experimentiert, das Bedürfnis beider Partner nach körperlicher Liebe scheint unersättlich zu sein. Kaum vorstellbar, dass man in ein paar Jahren nur noch alle 6 bis 8 Wochen in den Genuss kommen soll. Was am Anfang niemand für möglich hält, wird leider viel zu oft zur Realität. Wie kommt es dazu?
Ist eine Langzeitbeziehung überhaupt erstrebenswert?
Trotz des Hochgefühls am Anfang einer Beziehung ist es uns doch klar, dass dieses sich irgendwann verflüchtigen wird. Meist sehen wir erst dann, ob wir dafür geschaffen sind, mit dem auserwählten Partner eine längere Beziehung zu führen oder nicht. Gelangen wir in Langzeitbeziehungen zwangsläufig an einen Punkt, an dem wir uns zwischen einem Neustart mit einer anderen Person oder einer schönen Beziehung, die vielleicht irgendwann komplett ohne körperliche Liebe geführt wird, entscheiden müssen? So drastisch passiert es meist nicht. Dass der Wunsch miteinander zu schlafen seltener wird, passiert eher schleichend.
Sätze, bei denen die Alarmglocken klingeln sollten
Bei Frauen sollten die Alarmglocken läuten, wenn sie sich sagen oder denken hören: „Liebe machen ist mir nicht so wichtig!“ Natürlich ist es euch wichtig! Verändert hat sich nur, dass man sich jetzt völlig klar darüber ist, dass man manches im Bett einfach nicht mag. Oft wird das aber nicht kommuniziert. Die Folge davon ist: Die Frau verliert den Spaß und das Interesse. Das erklärt Psychologin Felicitas Heyne im Focus-Interview. Der nächste Schritt im Prozess der schleichenden Reduktion körperlicher Liebe tritt meist dann ein, wenn die Frau zu der Überzeugung kommt, dass sie nicht mit ihrem Partner schlafen könne, wenn sie keine Lust hat. In dieser Phase wird körperliche Intimität auch schon mal als Machtmittel von Frauen eingesetzt. Das funktioniert meist nach dem Prinzip: „Unterstützt du mich nicht genug, schlafe ich nicht mit dir. Ich habe ja ohnehin keine Lust, also wenig zu verlieren.“ Von einem solchen Verhalten ist natürlich auch der Mann wenig begeistert. Die wenigen körperlichen Begegnungen, die nun noch zwischen den Paaren stattfinden, sind meist für beide Partner keine Ausflüge in die höchsten erotischen Sphären mehr, sondern gleichen der Absolvierung eines Pflichtprogramms. Wenn die Beziehung bereits kurz vor dem Kippen steht, kann es jedoch passieren, dass das Ergebnis der wenigen Liebesakte sich bemerkbar macht: ein Kind ist auf dem Weg.
Beziehungskiller Baby
Es klingt einfach falsch, wenn man Babys als Beziehungskiller bezeichnet. Man freut sich doch neun Monate lang darauf, dass sie endlich das Licht der Welt erblicken und dann sollen sie die Beziehung zerstören? Das ist doch absurd! Theoretisch ja, praktisch nein. Realistisch betrachtet ist es nämlich häufig der Fall, dass nach der Geburt mehr gestritten wird, was dazu beitragen kann, dass man weniger häufig miteinander schläft und Zärtlichkeit reduziert wird. „Diese sexuell kritische Phase wird von den meisten vollkommen unterschätzt. Man ist erschöpft, gereizt, vielleicht muss man sich auch finanziell einschränken. Speziell Frauen empfinden in dieser Zeit häufig kaum Lust auf Sex – und die Männer sind frustriert“, erklärt die Psychologin.
Wie könnt ihr vorbeugen?
Heyne zufolge ist der Mangel an körperlicher Liebe in Langzeitbeziehungen ein Problem, mit dem viele Paare zu kämpfen haben. Gesprochen wird darüber freilich nicht. Immerhin ist es nicht gesellschaftskonform nicht miteinander zu schlafen. Laut Heyne ist es wichtig, heimliche Vermeidungsstrategien zu entlarven. Eine davon ist die Vorstellung, dass beide Partner gleichzeitig spontan Lust haben sollten. Die Therapeutin meint hierzu: „Wenn man wartet, bis zwei berufstätige Menschen, die einen Haushalt versorgen müssen, Freunde und Hobbys haben und vielleicht obendrein noch Eltern sind, spontan und gleichzeitig Lust entwickeln, dann wartet man eventuell bis zum Sanktnimmerleinstag.“
Fotos: Shutterstock. com | Foto1: Monkey Business Images | Foto2: Christine Langer-Pueschel | Foto3: ChameleonsEye
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