Publizieren für Jedermann – Ein Gespräch mit Joachim Kamphausen

Wie werde ich zum Self-Publisher und woher weiß ich, ob mein Werk eine Chance auf dem Markt hat? Joachim Kamphausen hat als Verleger und Experte für Self-Publishing die Antworten. Wir haben mit ihm über die neue, alternative Art zu veröffentlichen gesprochen.

Typewriter

Self-Publishing: über die eigenen Finger ins Netz.

Die Zeiten ändern sich

Das Verlagswesen ist im Wandel. Laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels gewinnt das E-Book immer mehr an Bedeutung. Im Geschäftsjahr 2013 erreichte der Digitalsektor bereits einen Marktanteil von 3,9 Prozent. Insgesamt wurden rund 21,5 Millionen E-Books verkauft.

Die Selbstverleger, auch Indie-Autoren genannt, profitieren von der Marktlage besonders: Autoren wie die Self-Publisherin Popps J. Anderson führen die E-Book Bestsellerlisten an, wie beispielsweise bei Amazon. Ihre Bücher stehen alle zu sehr niedrigen Preisen zum Download bereit. Pro Download erhält sie zwischen 50 und 60 Prozent des Verkaufspreises.

Ein schlauer Marketingzug um sich auf der Amazon Verkaufsliste oben zu halten oder verbirgt sich hier gar eine Gefahr für die Literaturwelt? „Eine Gefahr für die Literaturwelt sehe ich hier – wie auch anderswo – überhaupt nicht“, sagt Joachim Kamphausen: „Im Gegenteil: Hier entstehen gerade neue Möglichkeiten. Diese kommen dem Einzelnen, der sich darauf einlässt, zugute und fördern ihn. Dabei kann die Strategie E-Books gratis oder für einen geringen Preis abzugeben Teil eines intelligenten und effektiven Marketingkonzeptes sein.“

Alternativen für Self-Publisher gibt es viele.

Alternativen für Self-Publisher gibt es viele.

Das Publizieren wird einfacher – leidet darunter die Qualität?

Bevor ein Verlag ein Werk veröffentlicht, wird es einem Lektorat unterzogen -publiziert man dagegen selbst, ist diese Instanz optional. Da für viele Indie-Autoren ein Lektorat zu teuer ist, werden einige Werke gar nicht gegengelesen. Die Qualität leide unter diesen Umständen, behaupten Skeptiker.

Joachim Kamphausen ist gegenteiliger Meinung: „Autoren durchlaufen beim Schreiben ihres ersten Werkes einen immensen und intensiven persönlichen Entwicklungs- und Selbstermächtigungsprozess. Ich habe bislang nur Autoren erlebt, die das so gut wie möglich machen wollen. Jeder Autor identifiziert sich mit dem eigenen Werk und will sich ja damit zeigen und sehen lassen. Es liegt dann in der Natur dieses Prozesses, dass jeder sein gesamtes Vermögen einbringt, um möglichst weit zu kommen“, argumentiert er.

Die Motivation sein Bestes zu geben, sei jedoch nicht der Verkaufserfolg des Werkes, sondern vielmehr die Selbstverwirklichung des Autors. Er ist sein größter Kritiker und wird versuchen, das Werk aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Was ihm selbst nicht gut genug erscheint – wird überarbeitet.

Den wachsenden Markt und der damit entstehende Wettbewerb bringt laut Kamphausen einen entscheidenden Vorteil mit sich:   „Nach meiner tiefen Überzeugung und Erfahrung bringt die gerade stattfindende Demokratisierung im Literaturbetrieb einen massenhaften, individuellen und gesellschaftlichen Entwicklungs- und Qualifizierungsprozess in Gang. Ein Glück – gleichermaßen für Autoren wie für Leser und Verlage“, bekräftigt er.

Der größte Kritiker bleibt der Autor selbst.

Der größte Kritiker bleibt der Autor selbst.

Ein steiniger Weg

Aller Anfang ist schwer, denn der Markt ist groß und hart. Viele Autoren erfahren das auf bittere Weise, wenn sie ihr Manuskript bei einem Verlag einreichen und es abgelehnt wird. Kamphausen erlebt das tagtäglich: „Wir müssen 99,5 Prozent aller eingehenden Manuskripte ablehnen, weil wir nicht mehr veröffentlichen können. Das ist ein unhaltbarer Zustand für mich als Verleger – ich leiste 99,5 Prozent meiner Arbeit ohne Nutzen für das Unternehmen – und erst recht für die Autoren.“

Diesen Zustand konnte der Verleger nicht länger hinnehmen. „So habe ich vor drei Jahren die Autoren, deren Manuskripte wir ablehnen mussten, eingeladen und sie befragt, was ihre Bedürfnisse sind und wie wir sie als erfahrene und kompetente Verlagsleute unterstützen können. Deren Wünsche: eine profunde Rückmeldung zum Manuskript, Veröffentlichungsmöglichkeit in einem seriösen thematisch konsistenten Umfeld, Unterstützung wo es sein muss und eine effektive Hilfe bei der Vermarktung des eigenen Werkes.“

Auf Basis dieser Aussagen gründete Joachim Kamphausen 2012 das Portal tao.de.

Hier finden Autoren Tipps und Tricks zum Veröffentlichen, können ihre Manuskripte anderen Mitgliedern der Community zum Probelesen zur Verfügung stellen und vieles mehr. Von der J. Kamphausen Mediengruppe werden hier auch verschiedene Veröffentlichungspakete für den angehenden Self-Publisher angeboten, die die ersten Schritte auf dem steinigen Weg zum eigenen Buch erleichtern.

Gemeinsames Weiterbilden in einer neuen Sparte

Self-Publisher sind vernetzte Menschen, die sich organisieren. Neben bekannten Blogs wie der Self-Publisher-Bibel vom Journalisten Matthias Matting, der sich mit allen Themen rund um das Selbstverlegen befasst, gibt es mittlerweile auch landesweite Veranstaltungen wie den Self-Publishing-Day, zu dem sich in diesem Jahr Indie-Autoren aus ganz Deutschland in Münster treffen. Dort tauschen sich Laien und Experten in verschiedenen Workshops intensiv aus und profitieren gemeinsam von den Erfahrungen jedes einzelnen Teilnehmers.

Über Joachim Kamphausen
Joachim KamphausenDer heute 65-Jährige Joachim Kamphausen ist Chef der J. Kamphausen Mediengruppe in Bielefeld. Den Verlag gibt es nun seit 30 Jahren. Er publiziert Werke namhafter AutorInnen aus den Themenbereichen rund um Körper, Geist und Seele. Mit seiner 2012 gegründeten Self-Publishing-Plattform setzt er sich nachhaltig für die Förderung von Autoren ein.

Bildquellen: Bild 1: ©istockphoto.com/gdpozzi, Bild 2: ©istockphoto.com/Pixsooz, Bild 3: ©istockphoto.com/temizyurek, Bild Box: ©Joachim Kamphausen

Alex